Donnerstag, 16. April 2009
Lehrfreiheit an der Freien Universität Berlin
In meinem Artikel „Hegemonie und Statistik in der deutschen Psychologie“ (s. meine homepage http://userpage.fu-berlin.de/~leiser) hatte ich darüber berichtet, wie im Studiengang Psychologie der FU Berlin systematisch und gnadenlos meine Tätigkeit als Lehrender im Bereich Statistik/Methodenlehre zerstört wurde. Es gab in diesem Prozeß eine Schlüsselszene, die sich mir eingeprägt hat. Der damalige Stellvertreter des Dekans, mit dem ich zufällig im Kopierraum zusammentraf, fragte mich (das "Du" hatte sich aus früheren Zeiten erhalten): "Warum bestehst Du eigentlich so hartnäckig auf dem Erhalt Deiner Statistikveranstaltung? Du hast doch die Freiheit, etwas zu anderen und interessanteren Themen anzubieten, über die Du arbeitest". Ich antwortete damals: "Und warum besteht Ihr so hartnäckig darauf, meine sehr erfolgreiche Statistikveranstaltung abzuschaffen?" Am Ende - vor nun über 10 Jahren - warf ich das Handtuch und bot ab 2002 tatsächlich Seminare zu einer völlig anderen Thematik an, die immer mehr in das Zentrum meiner theoretischen und praktischen Arbeit gerückt war: der Körper in der Psychoanalyse.
Das ging bis zum Jahr 2007 gut, als die Verantwortliche für das Fach "Klinische Psychologie", in dessen Rahmen meine Veranstaltung naturgemäß angeboten wurde, unversehens herausfand, meine Seminare wären schon hinsichtlich ihrer Begrifflichkeit nicht auf der Höhe der Zeit, da ich von "Psychosomatik" reden würde (ich ziehe aus guten Gründen diesen Begriff dem DSM-IV Terminus "somatoforme Störungen" vor) und hätten daher im Studienplan der "Klinischen Psychologie" keinen Platz. Da es sich um das letzte Lehrangebot zur Psychoanalyse im Studiengang handelte, mobilisierten sich die Studenten und konnten schließlich durchsetzen, daß die Veranstaltung doch noch zugelassen wurde.
Mit der nächsten, für dieses Sommersemester geplanten, Veranstaltung zum gleichen Themenkreis, dieses Mal mit besonderem Schwerpunkt auf der Rolle des Körpers in der klinischen Arbeit, wurde dann "kurzer Prozeß gemacht". Die gleiche Kollegin teilte mir lakonisch mit, daß meine Veranstaltung "einfach nicht in unser Programm paßt". Des sinnlosen Kämpfens gegen diese Verwalter einer neuen Hegemonie überdrüssig und mit deren totalen Mangel an Bereitschaft und/oder Kompetenz konfrontiert, über die Relevanz meiner Veranstaltung für die "Klinische Psychologie" inhaltlich zu diskutieren, entschied ich zunächst, meine Lehrtätigkeit an der FU Berlin bis auf weiteres zu suspendieren. Nach einem Monat "Verdauungsarbeit" stachen mir dann aber die Parallelen zur Abschaffung meines Ansatzes zur Statistik/Methodenlehre derart ins Auge, daß ich im Oktober 2008 beschloß, diesen Prozeß einer galoppierenden Verengung und Gleichschaltung des Psychologieverständnisses im Studiengang Psychologie der FU Berlin doch noch einmal zum Gegenstand einer psychologiegeschichtlichen Untersuchung zu machen, in einer Veranstaltung mit dem absichtsvoll pointierten Titel „Von der Kritischen Psychologie zur Langeweile: Entwicklungen am Studiengang Psychologie der Freien Universität aus psychologiegeschichtlicher Sicht." (mit dem Wort „Langeweile“ beschreiben Studenten immer häufiger ihre Erfahrung mit der Lehre). Da ich diese Veranstaltung aber für die Rubrik "Ergänzendes Lehrangebot" ankündigte, eine "Spielwiese" außerhalb der Domäne der etablierten Fächer und ihrer „Wächter“, war eine direkte Konfrontation mit den in meiner Veranstaltung untersuchten Arbeitsbereichen eigentlich ausgeschlossen. Für mich stand damit diese geplante Veranstaltung schlicht und einfach in der akademischen Tradition kritischer Analysen, aus der sich mein Grundrecht auf Lehrfreiheit ableitet.
Wie sich aber bald herausstellte, hatte ich damit das akademische Selbstverständnis meiner Kollegen falsch eingeschätzt: Im Februar 2009 teilt mir das für mein Lehrangebot zuständige Mitglied der Lehrplankommission mit, "daß die Lehrfreiheit nicht «schrankenlos»“ sei und daß "weder Personen noch Einrichtungen der Freien Universität Berlin ... durch eine ... Ankündigung einer Lehrveranstaltung ... Herabsetzung erfahren dürfen.“ Man sei daher "zu der ... Entscheidung gekommen, daß ein Lehrangebot unter dem von Ihnen gewählten Titel weder in einem der Prüfungsfächer noch unter der Rubrik «Ergänzendes Lehrangebot» angekündigt wird." In meiner Antwort wies ich den Kollegen darauf hin, „daß die sicherste Methode, das Ansehen des Studiengangs und Fachbereichs herabzusetzen, ist, auf diesem Weg der Verbots- und Zensurversuche fortzufahren". Kurz darauf schaltete ich das Rechtsamt der FU Berlin ein, das mir am 25. Februar mitteilte: "Die ... an Sie ergangene Nachricht der Lehrplankommission war ... keine rechtlich zulässige Entscheidung und wurde rechtsaufsichtlich aufgehoben." Im gleichen Schreiben wurde ich gebeten, "die noch ausstehende Entscheidung des Dekanats abzuwarten". Während ich noch auf diese Entscheidung wartete, gab es dann Anfang März eine neue Überraschung: auf der Homepage meines Fachbereichs "Erziehungswissenschaft und Psychologie" fand ich unter meinem Namen eine Veranstaltung angekündigt, mit einem vollständig "verwässerten“ Titel und einem absolut nichtssagenden Kommentar, die sich offensichtlich der vom Rechtsamt "zurückgepfiffene" Kollege als Ersatz für meine kritische Veranstaltung ausgedacht hatte. Bis heute hat sich der Dekan geweigert, mir den Namen dieses leicht zu identifizierenden Kollegen offiziell mitzuteilen. Erst eine Woche später und nach scharfem Protest wurde diese gefälschte Ankündigung wieder gelöscht. Für mich war zwar die "akademische Luft" an meinem Fachbereich seit vielen Jahren "kontaminiert", aber von nun ab löste sie bei mir regelrechte Erstickungsanfälle aus.
Und nun das "Gran Finale" dieser "soap-opera" zum Thema "Lehrfreiheit": Am 11. März kommt endlich die so heiß erwartete Entscheidung des Dekans. Wortlaut: "Das Dekanat hat in seiner Sitzung am 4.3. nach Rücksprache mit den zuständigen Fachkollegen beschlossen, Sie zu bitten, im Rahmen Ihrer Titellehre im kommenden Sommersemester eine Vertiefungsveranstaltung im Diplomstudiengang entweder zu "Multivariate Datenanalyse" oder "Evaluationsforschung" anzubieten. Durch das Ausscheiden von Frau Kollegin ... gibt es gegenwärtig einen Engpaß in der Methodik. Da Sie jahrelang ... Methodenlehre angeboten haben, hoffen wir, damit ein Arbeitsfeld gefunden zu haben, das auch Ihrem fachlichen Schwerpunkt besonders entspricht“. Um eine kritische Veranstaltung zu verhindern, wird also nicht davor zurückgeschreckt, mich zu einer Pflichtveranstaltung zur Methodenlehre "nötigen" zu wollen, zu einem Arbeitsbereich also, aus dem ich seinerzeit mit allen Mitteln vertrieben wurde (s.o.) und den ich seit über 10 Jahren für mich abgeschlossen habe.
Ich könnte mich krumm lachen, wenn das nicht so deprimierend und erschreckend wäre: Zeuge der Scham-Losigkeit zu sein, mit der hier die Psychologie der FU Berlin ihren Ruf demontiert, eine Psychologie, die noch vor 20 Jahren und weit über Deutschland hinaus ein wichtiger Bezugspunkt für Forschung, Lehre und Innovation in diesem Fach war.

Eckart Leiser

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Das kann doch gar nicht sein! Wir leben doch nicht in der DDR!

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Ich hatte nicht erwähnt, daß ich Privatdozent bin und damit für mich wie für jeden Hochschullehrer das Grundrecht auf Lehrfreiheit gilt. E.L.

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Herabsetzung?
Ich bin fassungslos über die Begründung des Mitglieds der Lehrplankommission mit der die Veröffentlichung des Lehrangebots verweigert wird: ....
"weder Personen noch Einrichtungen der Freien Universität Berlin ... durch eine ... Ankündigung einer Lehrveranstaltung ... Herabsetzung erfahren dürfen.“ Noch mal zur Erinnerung, der zensierte Titel lautet:
„Von der Kritischen Psychologie zur Langeweile: Entwicklungen am Studiengang Psychologie der Freien Universität aus psychologiegeschichtlicher Sicht." Ja sind E. Leisers Kolleg/innen jetzt unter die Integristen gegangen? Diese Begründung erinnert doch fatal an die Zensur und die ideologischen Feldzüge der islamischen Fundamentalisten in Bezug auf Kritik am Islam oder dem Propheten. Als ehemalige Studentin an der FU Berlin, die noch Anfang der 80iger Jahre an vielen interessanten Seminaren in der "Silberlaube" teilgenommen hat, bin ich entsetzt. Die Entwicklung ist zum Fürchten.

Ilse Auer

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Eskalation
Die Freie Universität hat mir eine inzwischen verstrichene Frist gesetzt: wenn ich mich weiter weigere, eine dieser Methodenveranstaltungen durchzuführen, droht man, mir die Lehrbefugnis zu entziehen. E.L.

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Reaktionen aus dem Ausland:
Ein Kollege von der Universidad Complutense (Madrid) hat den folgenden Brief an den Dekan meines Fachbereichs und an den Leiter des Rechtsamts der FU Berlin geschickt, und mit seiner Er-laubnis stelle ich ihn in diesen Blog (von mir ins Deutsche übersetzt):

Sehr geehrter Herr Dr. Eid,
ich habe Nachricht erhalten von der Suspendierung des Psychoanalyse-Seminars von Dr. Eckart Leiser, das im Juni in Ihrem Fachbereich durchgeführt werden sollte, und daß man vorhat, dieses durch ein anderes völlig verschiedenen Charakters über quantitative Methoden zu ersetzen, das mit dem Arbeitsgebiet von Prof. Leiser nichts zu tun hat, und ich habe deshalb den Wunsch, Ihnen fol-gendes mitzuteilen:
Erstens möchte ich Sie informieren, daß ich Herrn Dr. Leiser seit 18 Jahren kenne, seit der Zeit, als er an meiner Universität, der Universidad Complutense in Madrid, an einem Forschungsprojekt arbei-tete.
Zweitens möchte ich Ihnen gegenüber bekräftigen, daß ich die Tätigkeit von Prof. Leiser im wis-senschaftlichen, akademischen und Forschungsbereich kenne, aufgrund seiner Arbeit an meiner Universität, der Lektüre vieler seiner wissenschaftlichen Publikationen, und unserer langen und fruchtbaren Gespräche im Verlauf dieser 18 Jahre von Freundschaft und akademischer Beziehungen.
Ich bin deshalb in der Lage, mich für die Qualität, Strenge sowie wissenschaftliche und akademische Relevanz der Lehrtätigkeit von Prof. Leiser in Form von Kursen und Seminaren auf universitärer Ebene zu verbürgen.
Auf Grund dessen möchte ich Ihnen gegenüber meine tiefe Bestürzung und meinen Widerspruch zum Ausdruck bringen, angesichts dieser Suspendierung des Psychoanalyse-Seminars von Herrn Prof. Leiser seitens Ihrer angesehenen Universität.
Die beabsichtigte Ersetzung des genannten Seminars durch ein anderes völlig verschiedenen Cha-rakters, das dem Arbeitsgebiet von Prof. Leiser fremd ist, ist ein nicht hinnehmbarer Vorgang, der mit dem akademischen Geist, den jede Universität als Auftrag und beispielhaftes Modell pflegen sollte, unvereinbar ist.
Die beabsichtigte Suspendierung des Seminars von Prof. Leiser ist ein direkter Anschlag gegen die Lehrfreiheit, der jede Universität als nicht in Frage zu stellende Prämisse ihrer akademischen und Lehrtätigkeit verpflichtet sein sollte.
Abschließend und mittels dieses an Sie gerichteten Schreibens möchte ich meine entschiedenste Zurückweisung ausdrücken bezüglich der Drohung und Nötigung, die über dem renommierten Prof. Eckart Leiser schwebt, ihm seine Lehrbefugnis zu entziehen, wenn er diese Auswechslung eines Seminars durch ein anderes nicht akzeptiert: Eine Drohung und Nötigung, die in jeder Hinsicht un-begreiflich ist in einer akademischen und wissenschaftlichen Institution, die das Wort "frei" im Namen führt, und die Exzellenz anstrebt in Wissenschaft und Forschung, bei der Entfaltung von Kreativität und der Verbreitung von Denken und wissenschaftlicher Erkenntnis.
Im Vertrauen darauf, daß Prof. Leiser sein Psychoanalyse-Seminar in vollständiger Freiheit und mit allen Garantien durchführen kann, und daß jede Art von gegen seine Person gerichteten Nötigungen und Drohungen aufhören,
verabschiedet sich von Ihnen hochachtungsvoll

Dr. Javier Gimeno Perelló
Forscher im Bereich Hispanistik
Wissenschaftlicher Bibliothekar der Universität Complutense von Madrid
Direktor der Abteilung Innovation und Qualität der Bibliothek Complutense

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Nur tote Fische schwimmen mit im Strom
Der Vorwurf, dass die Seminarinhalte von Herrn Leiser nicht auf der Höhe der Zeit seien.....bedeutet nichts anderes als: "schwimm doch gefälligst mit in unserer Mainstream - Lehre, damit du auch so langweilig und lebendig tot wirst wie wir."

Ernst W.

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Reaktionen aus dem Ausland:
Buenos Aires, 17 de abril de 2009

Dear Sir:

Here in Argentina the Prof. Eckart Leiser is well-known as a distinguished intellectual with considerable contributions in psychology and psychoanalysis. We are very worried about the obstacles in your Institution that go against the freedom absolutely necessary for a Professor and an intellectual, very particularly in human sciences. We would be truly pleased if this nasty situation gets a more desirable end. Anyhow, we feel the obligation to express our full solidarity with Prof. Leiser.

Our regards for you.


PROF. RICARDO RODULFO
DR. EN PSICOLOGÍA - PSICOANALISTA
DIRECTOR CARRERA DE ESPECIALIZACIÓN EN INFANCIA Y NIÑEZ
DIRECTOR PROGRAMA POSTGRADO
CLÍNICA PSICOANALÍTICA CON NIÑOS Y ADOLESCENTES
PROFESOR CONSULTO TITULAR Y PLENARIO TITULAR
FACULTAD DE PSICOLOGÍA - U. B. A.
PRESIDENTE FUNDACIÓN ESTUDIOS CLÍNICOS EN PSICOANÁLISIS (FECP)

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Zensur aufgehoben
Erster Erfolg: Das Rechtsamt der FU Berlin teilte heute meinem Anwalt mit, daß es nun doch verfügt habe, meine kritische Veranstaltung mit dem unzensierten Kommentar an-zukündigen. Die Drohung, mir die Lehrbefugnis zu entziehen, wenn ich mich weiter weigere, eine dieser Methodenveranstaltungen durchzuführen, wird allerdings mit neuer Fristsetzung wiederholt.

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Universität ohne Toleranz und Respekt?
Es ist schon erstaunlich, welche Entwicklung der universitäre Geist der Freien Universität genommen hat. War diese Universität nicht gegründet worden, um einer geistigen Bevormundung und Knebelung zu entgehen? Abgesehen von der eigenen Geschichte und der individuellen Dynamik, die dieser Konflikt hat, in dem Prof. Leiser zunächst als damaliger Fachmann für Psychologische Statistik permanenter destruktiver Kritik und Behinderung ausgesetzt war (ich vermute, weil er nicht nur wissenschaftlich in Konkurrenz zu anderen Ansätzen qualifiziert, sondern auch didaktisch erfolgreich gelehrt hat) und nun justamente zur Lehre solcher Wissensgebiete gezwungen werden soll, auch diesmal offensichtlich aus Gründen falsch verstandener wissenschaftlicher Konkurrenz, drängt sich die Frage auf, ob hier nicht grundlegende Tendenzen des Wissenschaftsbetriebs sichtbar werden. Das Ethos der Toleranz und des Respekts vor dem anderen wissenschaftlichen Ansatz gilt offensichtlich nicht mehr. Ist nicht Pluralität ein treibendes Agens der Wissenschaftsentwicklung, besonders einer so jungen Wissenschaft wie der Psychologie? Ohne wissenschaftliche Konkurrenz, die durchaus auch Polemik bei wechselseitigem Respekt (!) einschließt, wäre Wissenschaft ein totes Unternehmen. Macht sich hier bereits der Geist des "Bologna Prozesses" bemerkbar? Was nicht "ins Programm" passt, wird ausgesondert; Professoren (die sich offensichtlich schon disqualifizieren, wenn sie es wagen, sich in ihrer Begrifflichkeit über die ICD-10 hinwegzusetzen!) werden wie wissenschaftliche Hilfskräfte zu Diensten verdonnert. Es ist zu hoffen und Herrn Prof. Leiser, der als kooperativ und hilfsbereit bekannt ist, zu wünschen, dass Prof. Leiser aus diesem Konflikt, der eigentlich eher eine absurde Farce ist und der soviel Lächerliches hat, unbeschadet herausgeht. Darüber hinaus: vielleicht regt dieser Konflikt ja Universitätsangehörige zu Reflexion und Nachdenken über aktuelle Entwicklungen in deutschen Universitäten an.

Kurt Kersten

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Grusel!
Anders kann ich mein Empfinden nicht benennen angesichts dessen, was der Studiengang Psychologie gegenüber dem interessanten und andersartigen Lehrangebot von Eckart Leiser abzieht. Da ich selbst in den 90er Jahren an der FU Psychologie studiert habe, habe ich die Anfänge dieser gruseligen geistigen Gleichschaltung noch miterlebt, die inzwischen offenbar Formen erreicht hat, die in der Unterdrückung jedes Andersdenkenden bestehen. Das einzige, was mich ein wenig hoffnungsvoll stimmt, ist die Vehemenz, mit der dies geschieht. Anscheinend sind sich die hohen Herrschaften ihrer Vorherrschaft über die geistige Ödnis also doch nicht so sicher. Wenn das Exzellenz sein soll, dann jedenfalls gute Nacht, FU! Ich bin froh, dass ich da raus bin. VL

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Eine Woche später
Seit der Mitteilung des Rechtsamts, meine kritische Veranstaltung würde nun wie von mir gewünscht im Kommentierten Vorlesungsverzeichnis angekündigt, ist eine komplette Arbeitswoche vergangen ... und nichts. Und der Vorlesungsbetrieb hat bereits vor ca. 4 Wochen angefangen. Die Aufnahme dieser Ankündigung ist ein Handgriff, der ca. eine Minute kostet. Es darf also weiter gerätselt werden.

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Reaktionen aus dem Ausland
E.PSI.B.A.
Psychopädagogisches Forum von Buenos Aires
Psychopädagogisches Forum Brasilien-Argentinien-Uruguay
Direktorin: Alicia Fernández


An den
Herrn Dekan
Studiengang Psychologie der FU Berlin

Wir haben das Bedürfnis, unsere Besorgnis bezüglich der Einschränkungen auszudrücken, die man gegen die akademische Tätigkeit von Herrn Dr. Eckart Leiser durchzusetzen versucht. Wir möchten hiermit bekunden, daß die Beiträge des Herrn Dr. Eckart Leiser, anläßlich seiner Mitwirkung an Tagungen über klinische Psychopädagogik in Buenos Aires, in Form von Vorträgen über die Verbindungen zwischen Psychoanalyse und Probleme im Bereich Erziehung, sich für uns als von großer Bedeutung erwiesen haben. Die Überlegungen, die er in seinem Buch „Cruzar las Fronteras“ (auf Spanisch im Verlag Homo Sapiens Ediciones erschienen) sowie in den von ihm verfaßten Artikeln „Der phantasmatische Charakter der Erkenntnisoperation“, „Der subjektive Faktor der Industrialisierung“ (beide in Nr. 5 bzw. 12 der von E.PSI.B.A. herausgegebenen Zeitschrift erschienen), werden in Argentinien, Uruguay, Brasilien und anderen lateinamerikanischen Ländern von Psychologen, Psychopädagogen sowie Erziehern gelesen und verwertet.
Das Prinzip der akademischen Freiheit zu verteidigen ist unverzichtbar. Diese Freiheit schließt ein, die Vielfalt an drei Achsen entlang sicherzustellen: die theoretische Produktion, inhaltliche Vorschläge und deren Weitergabe in einer angemessenen Lehrform. Wir meinen, daß Herr Dr. Eckart Leiser von einer schlüssigen Position aus etwas zur Zusammenfügung dieser Elemente beisteuert. Seine Worte und seine Sichtweise stellen einen wichtigen Beitrag zu den Themen dar, die uns beschäftigen.
Es grüßen Sie hochachtungsvoll
Prof. Alicia Fernández, Psychopädagogin und Direktorin von E.PSI.B.A.
Prof. Jorge Gonçalves da Cruz, Klinischer Psychologe und Koordinator von E.PSI.B.A.

E.Psi.B.A.
Carhué 436 - Cdad. de Buenos Aires - CP: 1408 - Argentina
Telefax: (005411) 4641-0272
www.epsiba.com

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Reaktionen aus dem Ausland
Ich kenne Herrn Prof. Dr. Eckart Leiser als Kollegen von großer wissenschaftlicher Genauigkeit, intellektueller Klarheit und didaktischer Begabung, anläßlich seiner wertvollen Beiträge auf Kongressen und in Zeitschriften unseres Umfeldes, sowie aufgrund seiner Lehrtätigkeit an unserer Universität. Ich bin sehr besorgt wegen der Versuche, sein für diesen Sommer geplantes Seminar aus dem Veranstaltungsplan der Klinischen Psychologie zu eliminieren und ihn zu einem Seminar außerhalb seines Arbeitsgebiets zu zwingen, das die Bereiche Psychoanalyse und Wissenschafts¬geschichte umschließt. Diese Eingriffe halte ich für unvereinbar mit der Lehrfreiheit und drücke hiermit meinen Wunsch aus, daß der Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie der Freien Universität Berlin seine Haltung revidiert und dabei die allerorts in der „scientific community“ geltenden fundamentalen Regeln respektiert.
Hochachtungsvoll

María Ángeles Velamazán
Abt. Angewandte Mathematik
Universitäts-Hochschule für technisch-industrielle Ingenieurswissenschaft
Campus Río Ebro
50018 Zaragoza

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Zwischenbilanz
Diese Tage ist - nach einer weiteren Intervention meines Anwalts und zwei Wochen nach der Zusage des Rechtsamts - tatsächlich die Ankündigung meiner Veranstaltung zur Entwicklung des Studiengangs Psychologie im Kommentierten Vorlesungsverzeichnis erschienen - und diesmal mit einem nicht manipulierten Kommentar. Der Rest des Problems, insbesondere der Versuch, mich zu einer Veranstaltung zur Methodenlehre zu zwingen, ist nach wie vor offen. Trotzdem eine Gelegenheit, Zwischenbilanz zu ziehen:
Eine der Fragen, die ich mir stelle, ist, wieso es bisher aus Deutschland und sogar aus meinem näheren Umkreis weniger Reaktionen gab - innerhalb und außerhalb dieses Blogs - als aus dem Ausland (nicht alle Reaktionen aus dem Ausland sind in diesem Blog erschienen). Und von studentischer Seite keine einzige Reaktion. Gibt es in anderen Ländern wie Spanien, Argentinien, Brasilien usw. eine größere Sensibilität hinsichtlich des Themas "Freiheit" im allgemeinen und "Lehrfreiheit" im besonderen? Ist es Ausdruck einer um sich greifenden Lethargie und Entpolitisierung in Deutschland, insbesondere unter Studenten? In anderen europäischen Ländern gibt es z.B. massive Proteste und heftige Diskussionen zum Plan Bologna, in Deutschland absolut nichts. Es können aber plötzlich auch ganz unerwartete Erklärungen auftauchen, so dieser Tage: Eine Kollegin aus meinem näheren Umkreis teilte mir mit, sie hätte bisher den ursprünglichen Titel meiner Veranstaltung: "Von der Kritischen Psychologie zur Langeweile" als Angriff auf sich interpretiert, nämlich daß ich die Langeweile der Kritischen Psychologie kritisieren will - überraschend aber wahr - und daß ich meine eigenen Veranstaltungen für die einzigen nicht-langweiligen halte - auch überraschend aber wahr. Siehat also exakt das Gegenteil von dem verstanden, was ich gemeint hatte. Und ich denke eigentlich, daß der Kommentar zu meiner Veranstaltung in diesen Punkten hinreichend klar ist. Wie ich aus meiner psychoanalytischen Arbeit ja seit langem weiß, gibt es fast als Regel einen irrationalen "Untergrund" persönlicher Verwicklungen und Empfindlichkeiten, der sich der Ebene, auf der das Problem eigentlich zu liegen scheint, entzieht, anscheinend auch beim Thema "meiner Lehrfreiheit". Vielleicht fällt jemandem dazu noch etwas ein.

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Unsinn der Methode oder Methode des Unsinns?
Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, mich an Blog-Seminaren nicht zu beteiligen, da ich nicht daran glaube, dass sie die Mehrung von Erkenntnis fördern. Angesichts des Eingriffs in die Lehrfreiheit im Fall des Privatdozenten Eckart Leiser am Studiengang Psychologie der FU Berlin fühle ich mich jedoch gedrängt, von diesem Vorsatz abzuweichen. Dabei will ich mich auf einen Punkt der Vorgeschichte dieser mehr als zwanzigjährigen Fehde zwischen einer unversitären Fachrichtung und einem Wissenschaftler konzentrieren, und zwar auf die Eliminierung von dessen Lehrangebot im Bereich der psychologischen Statistik.
Noch immer durchziehen Aussagen von der Art, dass ein Parameter mit soundsoviel Wahrscheinlichkeit in einem bestimmten Bereich liegt und dass es sich hierbei um mathematisch gerechtfertigte Induktionsschlüsse handelt, die Lehrbücher der sozialwissenschaftlichen Statistik. Nun liegt aber ein Parameter mit Wahrscheinlichkeit nirgendwo (nur den unter einem Modellparameter möglichen Daten kommt Wahrscheinlichkeit zu) und es gibt keine mathematisch gerechtfertigten Induktionsschlüsse. Zufolge von Logik und Mathematik sind Aussagen der genannten Art nachweislich falsch. Mit anderen Worten: sie sind unsinnig.
Es ist zwar grotesk und erscheint geradezu „wahnsinnig“, dass die gesamte sozialwissenschaftliche Statistikausbildung nach wie vor auf Säulen von Unsinn ruht, es ist aber leider wahr. Dies ist weder eine Wertung noch eine Meinung, sondern eine prüfbare Feststellung. Einer aus Logikern und Mathematikern bestehenden Kommission der Scientific community, die zur Prüfung dieser Behauptung einberufen würde, könnten einschlägige Passagen aus praktisch jedem gängigen Lehrbuch zur Verfügung gestellt werden. Leiser brauchte in einem solchen Rahmen nur auf seinen bereits 1982 erschienenen Artikel „Wie funktioniert sozialwissenschaftliche Statistik?“ zu
verweisen.
Das damalige Lehrkonzept von Eckart Leiser zur Statistik war von derartigen Widersprüchen frei. Dass es ausgerechnet dieses Konzept war, das aus dem Lehrangebot für Psychologiestudenten herausgedrängt wurde, kann daher mit wissenschaftlichen Gründen wohl nichts zu tun gehabt haben.
Inwieweit die späteren Behinderungen bei der Ausübung freier Lehre, die Leiser anscheinend erfahren musste, ebenfalls von außerwissenschaftlichen Gründen geleitet waren, mögen andere besser beurteilen können. Ich wollte mich darauf beschränken klarzustellen, dass man bezüglich der im Fach Psychologie gelehrten Statistik sagen kann: Der Unsinn hat sich durchgesetzt. Hat er Methode?

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Diskussionsverweigerung
Vor einiger Zeit hatte ein mit mir entfernt befreundeter Hochschullehrer für Rechtswissenschaft an der Goethe-Universität in Frankfurt angeboten, im Mai während meines Berlin-Aufenthalts eine Debatte über das Thema "Lehrfreiheit" zu moderieren, und dazu die am hier beschriebenen Vorgang beteiligten Kollegen eingeladen. In seinem entsprechenden Brief sagt er, daß er eine hochschulöffentliche Diskussion über meine Beteiligung an der Lehre im Studiengang Psychologie der FU in Gang setzen und moderieren könnte, "die offen und fair zugleich zukünftige prozessuale Auseinandersetzungen überflüssig machen und eine gewisse Kooperation wieder her stellen könnte. Ohne dass ich mit den Details der Vorgänge noch mit den beteiligten Personen mehr als oberflächlich vertraut bin, scheint mir der Fall wichtig und ich würde diesem Anliegen von Herrn Leiser gern entsprechen."
Ihm ist eine einzige Reaktion zugegangen, die des Dekans (der Anfang April aus dem Amt geschieden ist). Dieser teilt mit, daß er zur Teilnahme an einer solchen Diskussion bereit wäre, aber nur gegen Bezahlung...
Gerade geht mir eine Mail zu, in der der Kollege aus Frankfurt den eingeladenen Kollegen mitteilt, daß er nach 14 Tagen ergebnislosen Wartens sein Angebot zurückzieht.

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Reaktionen aus dem Ausland
Dear Sirs,
This is a letter of support to Dr. Eckart Leiser’s plea to have his voice as Professor and as intellectual heard and his rights respected in a fair basis. I met Dr. Leiser in the early 1990’s at the “Universidad Complutense de Madrid” while doing my PhD studies and he was a Lecturer at the Psychology Department in this University. I have known him since then as a committed scholar and as a straightforward human being. I am glad to express my solidarity to him and look forward that this situation finds a satisfactory resolution for all the parties involved.

Respectfully,
Martha

Martha Traverso-Yepez (PhD)
Canada Research Chair in Health Promotion and Community Development
Memorial University of Newfoundland
Division of Community Health and Humanities
Faculty of Medicine - HR 2830
Phone: 709 - 777 8584
Fax: 709 – 777 7382
E-mail: mtraverso@mun.ca

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Nachtrag:
Im März dieses Jahres hatte ein Redaktionsmitglied der Zeitschrift "Forum Kritische Psychologie" mir mitgeteilt, der Eingangstextes dieses Blogs würde (mit gewissen Ergänzungen) gut in diese Zeitschrift passen.

Nun erhalte ich folgende Mail (Datum 20.7.2009):

Lieber Eckart,
die Redaktion des FKP hat mich gebeten, Dir mitzuteilen, dass sie mehrheitlich beschlossen hat, dass Deine via Internet bzw. mails verteilte Stellungnahme zum Konflikt um Deine LV an der FU wegen ihres sehr persönlichen Duktus nicht zusätzlich im FKP dokumentiert werden soll.
Herzlichen Gruß
Morus

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